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Denkmal

 

Mit Robert und dem Vorsitzenden der "Deutschen Minderheit" von Jagnitz, Joseph Potzada, besuchen wir das Denkmal.

 

Gleich nach der Wende hat eine jetzt im Rheinland lebende Jagnitzerin der Gemeinde 5000,- DM geschenkt. In polnischem Geld entspricht das dem zehnfachen Wert.

 

Die Jagnitzer hatten bei der Verwendung der Spende freie Hand. Sie hätten zum Beispiel mit Kaffeeküche, Vortragssaal und Fernsehräumen eine deutsch - polnische Begegnungsstätte    einrichten können. Ermunternde Zuschüsse beiderlei Regierungen wären ihnen sicher gewesen. Oder, um sich dem Weltfortschritt anzuschließen, hätten sie eine Diskothek bauen können: für die Jugend etwas 'fun', ein paar neue Arbeitsplätze für die Älteren. Die Jagnitzer hätten doch so etwas wie ein Recht darauf gehabt, nach all den Jahren der Entbehrung.

 

Da die Jagnitzer aber  auf ihren eigenen Fundamenten leben, unsichtbar wie das alte zerstörte Kaiserdenkmal, gibt es für sie nur ein Morgen, welches mit diesen Fundamenten eine Verbindung hat. Wie fast alle deutsch gebliebenen oberschlesischen Gemeinden auch,  bauten die Jagnitzer sich von dem gespendeten Geld ein Denkmal. Einen etwa mannshohen, rötlichen Stein stellten sie auf einen breiten, zweistufigen Sockel und schrieben das darauf, was sie all die Jahrzehnte stumm mit sich herumgetragen hatten:

 

Zum Andenken an unsere

gefallenen Soldaten

und an die Zivilopfer der beiden letzten Kriege

 

Die Einwohner von Jagnitz

erbaut im Jahre 1991

 

Über der Aufschrift ist  ein Eisernes Kreuz eingemeißelt, darunter zwei brennende Grablämpchen.

 

Herr Potzada, obwohl von Alter und Krankheit gezeichnet, vermittelt Selbstgewißheit und Stolz.

 

"Es war schon ein Husarenstück, den Polen dieses Denkmal abzutrotzen. Der polnische Bischof unserer Region, dessen Aufgabe es ist, über unserer geistigen Gesundheit  zu wachen, hat uns das Denkmal erst einmal verboten. 'Nix deutsch! Nix wieder Krieg!'

 

Irgendwann wurde der Bischof versetzt. Ein neuer Amtsbruder war noch nicht in Sicht. Da stand eines Morgens das Denkmal samt Aufschrift einfach da. Ein polnischer Verwaltungsbeamter, ein Wojwode, der umgehend  erschien, wand sich und litt. Schließlich erkannte er: "Das Eiserne Kreuz ist ein nationalsozialistisches Emblem." Wir erklärtem ihm, daß dieses Emblem schon aus dem Jahre 1813 stamme, als Deutsche und Polen sich gemeinsam von der Franzosenherrschaft befreiten. Der Wojwode litt noch immer und ordnete die Hinzufügung der auch den Polen verständlichen Grableuchten an.

 

Wochen später haben wir dann an der Kirchenwand eine Tafel aufgehängt mit den Namen aller gefallenen, erschlagenen, ermordeten und verschleppten Mitgliedern unserer Gemeinde, 80 und 9o-jährige sind darunter, auch Kinder. Denkmal und Tafel wurden geweiht nach den Vorschriften der katholischen Kirche. Tage später jedoch war beides von einer grellen, öligen Farbe übergossen. Wir mußten sehr, sehr lange putzen.

 

Zur Zeit verlangt der Wojwode, das Denkmal müsse mit einer polnischen Übersetzung versehen werden, um allen des Deutschen nicht mächtigen Polen die Angst zu nehmen. Es könnten ja deutsche Revanchegelüste auf dem Gedenkstein formuliert sein. Wir haben unsere grundsätzliche Bereitschaft geäußert, falls uns das Geld zur Verfügung gestellt werde. Bis jetzt ist bei uns noch kein Geld eingegangen."

 

Die Männer lachen freundlich. Herr Potzada richtet etwas an den Ketten, welche, an kleinen Steinsockeln aufgehängt, das Denkmal ringsum einfrieden. Robert rückt die frisch aufgestellten Blumensträuße zurecht.

 

"Wir leben ja trotz aller Wenden und Verbesserungen noch immer in einer Art Niemandsland", fährt Herr Potzada fort. " Nur in den vielen Nischen und Rissen der polnischen Überwachung können wir uns als Deutsche überhaupt halten. Und wir halten uns. Mag sein, daß unsere Toten, zu denen wir stehen, uns die Kraft dazu geben."

"Mein Vater ist einer von ihnen", sagt Robert. "Die Polen haben ihn damals in eines ihrer Lager gebracht. Er hat kein Grab."

 

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