Leslie aus der Slowakei
Die Geschichte der Karpatendeutschen
Nach dem Tatarenüberfall auf Ungarn in den Jahren 1241 - 1242 war das Land nahezu menschenleer. Der ungarische König Belas IV. rief deutsche Siedler aus dem Westen ins Land und versprach Steuerfreiheit. Sie kamen meist aus Thüringen und Sachsen und siedelten an drei Stellen im Gebiet der heutigen Slowakei: um Preßburg, im gebirgigen Hauerland in der Mitte und in der ebenfalls gebirgigen Zips im Osten.
entnommen aus: http://www.karpatendeutsche.de
Die Hauerländer und die Zipser Deutschen wurden "Manthaken" genannt, d. h., „die in den Bergen Wohnenden“. Der Name "Manthake" leitet sich vom lateinischen Wort "mons" ab, d. h. "Berg".
Mit den Deutschen kam die Zivilisation ins Land, sie bearbeiteten das Land als Bauern, trieben im Hauerland und in der Zips Bergbau (die Deutschen waren die ersten, die in Mitteleuropa unter die Erde gingen), widmeten sich dem Handwerk und der Kunst. Die Mehrheit der gotischen Kirchen wurden unter der Führung von deutschen Architekten und Baumeistern gebaut, die Altäre und Statuen von deutschen Künstlern geschaffen.
der Dom von Kaschau, 14. Jht.
Die Karpatendeutschen waren meist katholisch. Nur im Westen gab es einige Protestanten. Deswegen fühlten wir uns politisch auch mehr zu Österreich als zum protestantischen Preußen hingezogen.
Aber obwohl unsere Familie katholisch war, hatten meine Ur-ur-urgroßeltern eine Lutherbibel im Haus.
Die deutschen Siedlungsgebiete gehörten weiterhin zu Ungarn. Ungarn wurde nach dem Sieg über die Türken der österreichischen Monarchie angegliedert.
Die Ungarn verwalteten das Land, waren ebenfalls in der Landwirtschaft tätig und dienten in der Armee.
Die umwohnenden Slawen, Slowaken, haben wenig zum Gedeihen des Staates beigetragen. Selbst die in den Gebirgen betriebene Schafzucht, die sie heute als heimische Kultur ausgeben, stammt nicht von ihnen, sondern von den Rumänen und Walachen. Um von diesem Manko abzulenken, haben die Slowaken sich angewöhnt, die Bezeichnung für die Deutschen, "Manthake", im abwertenden Sinn zu gebrauchen: Ein "Manthake" ist für sie ein Schwachkopf.
Die Slowaken hatten damals noch keinen eigenen Staat.
Im 19. Jh. forderten die Ungarn und die Slowaken mehr Selbstständigkeit im Habsburgreich. Die Deutschen aber blieben dem Kaiser in Wien treu, denn sie empfanden ihn als "Unseren Kaiser".
1867 bekam Ungarn die Selbständigkeit in der Monarchie. Die Karpatendeutschen mußten nun ungarisch lernen und ungarische Schulen besuchen. Ursprünglich hatten die Deutschen nichts gegen die Ungarn, aber als die ungarische Polizei, die sog. "Gendaren", ins Land kamen, um "Ordnung in den Nordgauen Ungarns zu schaffen", war das etwas anderes.
Bei Ausbruch des I. Weltkrieges war es für Ungarn, Slowaken und Deutsche selbstverständlich, für Österreich zu kämpfen, den die Serben hatten den Kaiser ja durch den Mord an F. Ferdinand d ´Este gezielt provoziert. Man dachte, in zwei bis drei Wochen werde alles vorbei sein.
Die Tschechen waren dann die ersten, die das Schlachtfeld verließen, z. B. Masaryk, Benesch und Kramar, wofür sie heute als Helden gefeiert werden!
1918 kam eine neue Welt zustande. Österreich war plötzlich zwergenklein geworden ohne einen Zutritt zum Meer.
Ungarn verlor zwei Drittel seines Gebietes, darunter auch Gebiete, wo fast nur Ungarn lebten, z. B. das nördliche Siebenbürgen oder die Süd-Slowakei.
Diese Gebietsabtretungen waren vor allem durch Frankreich veranlaßt worden, was - Entschuldigung für den harten Ausdruck - das größte französische Gaunerstück des 20. Jahrhunderts war.
Ein neuer Staat wurde gebildet, aus Tschechen, Slowaken, Ungarn und Deutschen die Tschechoslowakei, zu der wir nun gehörten.
Die Tschechoslowakei war pro forma ein toleranter Vielvölkerstaat. Die Wirklichkeit sah anders aus.
Die Deutschen in der Tschechoslowakei, man nannte sie nun auch „Sudetendeutsche“, hatten von Anfang an in der neuen "Heimat" nur Probleme. Für uns Karpatendeutsche, die nicht zu den Sudetendeutschen zählten, war es nicht ganz so schlimm, weil wir etwas abseits lebten.
Jeder normaldenkende Karpatendeutsche hat nun nach den Habsburgerzeiten geweint, Österreich war unsere Heimat, nicht die Tschechoslowakei. Und plötzlich entstand auch eine Solidarität mit dem Preußen. bzw. mit Wilhelm - Deutschland, obwohl es zu dieser Zeit schon keinen deutschen Kaiser mehr gab. Deutschland war nach unserer Meinung zu hart dafür bestraft worden, weil es einen "Krieg verloren hatte". Wir sahen nun in Deutschland einen guten Verbündeten.
Aber nicht alle Karpatendeutschen hatten die Einsicht. Die Sozialdemokraten und vor allem die Kommunisten unter uns dachten nicht mehr deutsch. Sie wollten eine neue Ordnung und stifteten Unfrieden, wo sie konnten. Der Sohn hat den eigenen Vater verraten! Der Nachbar spionierte den Nachbarn aus!
Die 30-er Jahre waren eine kontroverse Zeit. Adolf Hitler zog uns magisch an. "Mein Kampf" aber hatte fast niemand von uns gelesen, weil es dieses Buch bei uns nicht gab. Deshalb hat sich jeder sein eigenes Hitler-Bild aus Erzählungen selbst erschaffen.
Hitler war in den Augen der Karpatendeutscher ein "gerechter, braver Mann", der nur das zurück haben wollte, was den Deutschen ungerecht weggenommen worden war, die Gebiete von Elsaß-Lothringen, Westpreußen, Posen, Eupen-Malmedy und Nordschleswig.
Als Hitler sich für die Sudetendeutschen engagierte. wurde er auch für die Karpatendeutschen zum "Befreier". Franz Karmasin gründete eine "Karpatendeutsche Partei", die Zahl der Mitglieder ist jedoch gering geblieben.
Am 14. März 1939 wurde unter deutschem Schutz ein "Slowakischer Staat" gegründet. Die Karpatendeutschen erhielten von diesem Staat besonderen Schutz. Wir waren zufrieden.
Ab dem 1. 9. 1939 begann der Krieg. Niemand wollte den Krieg. Alle aber verdrängten ihre Furcht und sagten: "Jetzt muß es gelingen, daß die Deutschen den Krieg gewinnen!" Die meisten sagten: "Ich bin als ein Volksdeutscher erzogen worden, ich gehe zur deutschen Wehrmacht". Viele gingen auch zur SS.
Manche meinten aber auch: „Meine Heimat ist die Slowakei. Ich gehe zur slowakischen Armee."
Seit dem Jahr 1943 war allen klar, daß der Krieg nicht mehr zu gewinnen war. Nun begannen alle über dem Mann, den sie vor ein paar Jahren als Befreier in den Himmel gehoben hatten, zu fluchen.
Im Herbst 1944 haben die ersten Karpatendeutschen über eine Flucht nach Westen nachgedacht. "Heim ins Reich" spotteten die Tschechen und Slowaken. Die Mehrheit ist aber dennoch zu Hause geblieben.
Im Winter des Jahres brach dann das Chaos aus: Zuerst kamen die deutschen Soldaten, die zurück nach Westen gedrängt wurden. Dann kam die Hölle auf Erden, die Russen. Sie plünderten, vergewaltigten, töteten alles Deutsche wegen angeblicher Kollektivschuld. Es war Barbarei pur.
Und dann kamen die Slowaken, die Tschechen, die sog. Liberal-demokraten und vor allem die Kommunisten.
Alle Slowaken, die bei den "Gardisten", einer Spezialeinheit der slowakischen Wehrmacht, tätig gewesen waren, wurden von Nacht zum Tag "brave Kommunisten", trugen jetzt die roten Uniformen und fingen an, die, denen sie gestern noch gedient hatten, zu jagen.
Die Karpatendeutschen bekamen das Ende zu spüren.
Unsere Männer wurden nach Rußland in die Gulags weggeschleppt, unsere Frauen zu Hause gedemütigt. Die Slawen haben alle Vorurteile über sie mit ihrem Verhalten bestätigt.
Dann begann die gewaltige "Reslowakisierung" der Karpatendeutschen. Die, die geblieben sind, wurden gezwungen, zu Slowaken zu mutieren.
Wer es geschafft hatte, nach Restdeutschland zu fliehen, konnte in ihre alte Heimat nicht zurück und mußte es ertragen, daß die Reichbewohner wenig Verständnis für ihre existentiellen Bedürfnisse hatten.
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Jetzt macht die Zahl der Karpatendeutschen etwa 0,1 % der Gesamtbevölkerung der Slowakei aus. Das sind von fünf Millionen Einwohnern 5000.
Unsere Alten haben das Deutsche noch im Herzen, aber wie bald werden sie gestorben sein. Den Jüngeren ist das Deutschtum durch all die Hetze gegen die "Manthaken" endgültig ausgetrieben worden. Ihr Leben lang mußten sie sich anhören, daß Deutsche nichts weiter seien als eine Mischung aus Nationalisten und Trotteln. So schämen sich die jungen Karpatendeutschen ihrer deutschen Abstammung, interessieren sich nicht mehr für die deutsche Geschichte, sprechen lieber Anglo-Deutsch als ihre Muttersprache und lesen kaum noch deutsche Bücher und Zeitungen.
In Deutschland sehen sie nur noch einen Ort, wo man möglichst schnell zu Geld kommen kann.
Es gibt zwar im Fernsehen einmal im Monat ein "Karpatendeutsches Magazin", das Deutsche der Sprecher ist nicht anzuhören.
Dann gibt es einen "Karpatendeutschen Verein", der auch nichts tut zur Ehre des Deutschtums.
Der Präsident der Slowakei ist ein Karpatendeutscher, dessen Vater im Krieg zum Kommunisten wurde. Er selbst war erfolgreich im "Zentralen Ausschuß der Kommunistischen Partei" tätig gewesen und hatte gegen den Westen gehetzt. Unter anderem war er damals sehr bemüht gewesen, eine katholische Bestattung seiner gläubigen Mutter zu verhindern. Nach der Wende 1989 wurde er von der Nacht zum Tage Demokrat und gläubiger Christ, Freund des kleinen Menschen und Verbündeter Amerikas. Ich wundere mich nicht, daß sein bester Kumpel in der BRD Johannes Rau ist, der einmal gesagt hat, er "sei nicht stolz darauf, daß er ein Deutscher ist."
Was können wir wenigen Karpatendeutschen, was können die Deutschen tun?
Lehren wir unsere Kinder unsere wahre Geschichte! Schaffen wir in den Augen der nächsten Generationen ein gerechtes Bild über uns selbst!
Versuchen wir, Anständigkeit, Gottesfurcht und Treue wiederkehren zu lassen!
Das Staatstheater in Kaschau, 19. Jht.