Besetzung Ostdeutschlands durch die Polen

 

 

„Die erste Phase der Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat im Osten - Massenflucht, Ermordungen, Verschleppungen - hatte aber das Ziel der "Säuberung" Ostdeutschlands von Deutschen noch nicht erreicht.

 

Rund 12 Millionen Deutsche lebten Ende 1944 in Ostpreußen, Ostpommern, Westpreußen, Ostbrandenburg, Schlesien, Danzig und in dem von der Deutschen Wehrmacht besetzten polnischen Gebiet.  Etwa 7,5 Millionen von ihnen gelang zunächst die Flucht vor der anrückenden Roten Armee.  Die übrigen waren teils freiwillig geblieben, teils – besonders in Ostbrandenburg und in Ost- und Westpreußen - von dem schnellen Vormarsch der sowjetischen Truppen überrascht worden.

 

Mehr als eine Million Menschen wurde schließlich auf dem Treck von den Russen überrollt und kehrte dann zum großen Teil in die Heimatorte zurück, so daß im Sommer 1945 etwa 5,6 Millionen Menschen in den ostdeutschen Provinzen den sowjetischen Besatzern und den Polen ausgeliefert waren - 5,6 Millionen, für die die neuen Herren Ostdeutschlands "Umsiedlung" auf die Tagesordnung der Geschichte gesetzt hatten.

 

"Die meisten der deutschen Flüchtlinge von 1944 und 1945", vermerkt der amerikanische Wissenschaftler de Zayas, "verließen Haus und Hof mit der festen Absicht zurückzukehren.  Sie ahnten nichts von dem Plan der Alliierten, ihre Provinzen abzutrennen, mit Gewalt alle noch dort verbliebenen Deutschen auszuweisen und sie im verstümmelten Reich anzusiedeln.  Da sie von diesen radikalen Plänen nichts wußten, begannen die Flüchtlinge, denen das Entkommen durch die Rote Armee abgeschnitten worden war, in einzelnen Wellen wieder in ihre Dörfer zurückzukehren.  Nach der bedingungslosen Kapitulation entschlossen sich andere zu dem Versuch, sich der Härte der Besatzung in ihren eigenen Dörfern im Osten auszusetzen.  Hungrig und müde kehrten sie um und treckten heimwärts.  Bei vielen Gelegenheiten wurde ihre Absicht durch sowjetische oder polnische Behörden vereitelt, die entweder die Leute sofort in Lagern internierten, die Männer zur Zwangsarbeit in den Osten schickten oder einfach die Straßen blockierten, vor allem die Übergänge an Oder und Neiße."

 

Die Zurückgekehrten teilten nun mit den Daheimgebliebenen das Schicksal von Verelendung und regelrechter Versklavung, das zumal in den Gefängnissen und Lagern (1 255 allein im polnischen Verwaltungsbereich) schauerliche Tiefpunkte der Demütigung erreichte......

 

Berüchtigt waren die polnischen Konzentrationslager in Oberschlesien, in die oft die Bevölkerung ganzer Landkreise verbracht wurde.  Allein im Lager Lamsdorf im Kreis Falkenberg starben in weniger als zwei Jahren von rund 8 000 gefangenen Deutschen nach Aussagen des Lagerarztes Dr. Heinz Esser 6488, darunter 628 Kinder.

 

Gefürchtet waren auch die Gefängnisse und Lager auf dem Gebiet des polnischen Staates, die für mindestens 200000 Deutsche zu Stationen des Terrors und des Todes wurden.  Die großen polnischen Zuchthäuser, vor allem Fordon bei Bromberg, Graudenz, Krone an der Brahe, Lodz, Mokotow in Warschau und sämtliche kleineren Gefängnisse in den Kreisstädten waren bald mit Tausenden von Deutschen gefüllt.  Hatten sie dort Mißhandlungen, Mangelernährung und schwerste Strafarbeiten überlebt, kamen sie nicht in Freiheit, sondern in Zwangsarbeitslager, wo sie von den Lagerkommandanten als Sklaven an polnische Bauern und Fabriken vermietet wurden.

 

Die größten Konzentrationslager, Potulice bei Bromberg, Gronowo bei Lissa und Sikawa bei Lodz wurden erst in den Jahren 1949 und 1950 aufgelöst.

In die Lager sind im Laufe der Jahre praktisch alle Deutschen in Polen eingewiesen worden.

Die Todesquoten in den einzelnen Lagern differierten zwischen 20 und 50 Prozent.  Hunderte wurden erschossen oder zu Tode gefoltert.  Die meisten starben an Hungertyphus und anderen Seuchen.

 

Wilfried Ahrens, Verbrechen an Deutschen, Arget 1984², S. 23 – 25

 

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